Wenn man meinen Eltern glauben schenkt, muss das mein allererstes Lieblinglied gewesen sein. Bei allem was sie mir erzählt haben, ist dies der einzige Fakt, den beide gleich erzählen. Deswegen bezweifele ich es auch gar nicht und allein deswegen muss der Song heute in der Rubrik auftauchen.

Eiffel 65 war ein italienisches Dancefloorprojekt Ende der Neunzigerjahre. Ihr Sound ist sowohl vom Eurodance als auch von der Italo Disco beeinflusst. „Blue“ war ihr erster Hit, der im Sommer 1999 weltweit die Hitparaden eroberte. Damals war ich süße anderthalb und hier hören schon die Gemeinsamkeiten in den Versionen meiner Eltern auf. Mein Vater meinte ich hätte den Song erst im Jahr 2000 für mich entdeckt und dazu einen leidenschaftlichen Babytanz (das Musikgefühl scheint da schon vorhanden) hingelegt, während meine Mutter dies ns Jahr 1999 datiert. Wie dem auch sei, mein Vater lässt kaum eine Gelegenheit aus, dass er den Song inzwischen abgrundtief hasst, fast so sehr wie „All that she wants“ von Ace of Base. Als ich zehn Jahre alt war, konnte ich den Song kaum noch hören, er ging mir tierisch auf den Nerv. Wenn man „Blue“ nicht leiden kann, ist der Refrain ultranervig, der ganze Song irgendwie unharmonisch und die Stimme des Sängers in schlimmster Weise schräg. Wenn man den Song mag, dann findet man den Refrain lustig, den Song mit den Soundeffekten und den hämmernden Bass rhythmusbetont und die Gesangsstimme irgendwie knuffig. Daneben fällt bei „Blue“ der depressive Songtext auf, welcher ein Pardoxon zum Soundkleid darstellt. Für das Verständnis ist elementar, dass man das Wort „Blue“ als Metapher für Kälte, Einsamkeit und Trauer versteht. Wenn man dann den Songtext hört, wird man erschüttert sein.

Das Musikvideo kratzt am Rande des Lächerlichen, zumindest auf den ersten Blick. Auf den zweiten Blick lassen sich im Zusammenhang mit dem Text einige sozialkritische Elemente finden, verpackt in einem absurdem Video. Konguent zum Verhältnis Text-Melodie wird hier Bubblegumeurodance mit Kritik vermischt. Als ich das erkannte, hat sich der Song für mich neu geöffnet. „Blue“ ist ein Song, der mehr is, als er zunächst scheint. Er kritisert eine vereinsamende Welt, er könnte auch als frühe Kritik auf die neuen Medien gewertet werden oder einfach als Ausdruck eines zutiefst unglücklichen Charakters. Wer sich jetzt fragt, ob man dann diesen Song überhaupt noch als Partysong benutzen sollte, dem sei gesagt, dass gerade das doch etwas darstellt, was wie so vieles am Song im Gegensatz zum lyrischen Ichs steht und gerade deswegen gemacht werden sollte. Ergo kann man „Blue“ auch einfach als Retropartysong genießen, schließlich wurde er nicht umsonst als Eurodancesong produziert und abgemischt.

3 Kommentare zu „Schräg, aber gut (42) – Eiffel 65 „Blue (Da Ba Dee)

  1. Ach, das kann ich heute auch immer noch gut hören. Noch besser finde ich Move your Body. Das ist auch auf meiner Lauf-Playlist. Da fällt mir ein, das Laufen haben ich in den letzten Wochen auch ein wenig schleifen lassen. Mist. Bin dann erst Mal weg 😊 🏃🏽‍♂️

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