Inhalt

Josephine genannt Jo March (Saiorse Ronan) lebt mit ihren Schwestern (Florence Pugh, Emma Watson und Eliza Scanlan) und ihrer Mutter (Laura Dern) zur Zeit des amerikanischen Bürgerkriegs auf. Der Vater kämpft im Krieg, was die Familienidylle ein wenig trübt. Sieben Jahre später ist jedoch vieles anders…

Kritik

„Little Women“ ist ein in den USA äußerst beliebter Jugendbuchklassiker, der auch Regisseurin und Drehbuchautorin Greta Gerwig geprägt hat. Deswegen hat sich Gerwig für ihren zweiten Film dazu entschieden, den Stoff erneut fürs Kino zu adaptieren.

Für ihre Version hat Gerwig einiges verändert, so installiert sie eine Erzählstruktur, die auf zwei parallel erzählten Zeitebenen, zwischen denen hin und her gewechselt wird, basiert. Normalerweise halte ich die Abkehr der chronologischen Zeitfolge in vielen Filmen für ein unnötiges, verkomplizierendes Gimmick, in „Little Women“ funktioniert die Zeitstruktur jedoch sehr gut. Anhand von Details, wie den Frisuren oder der Farbgebung ist gut ersichtlich in welcher Ebene erzählt wird und die Wechsel sind außergewöhnlich gut eingeleitet. Daneben wird durch die Erzählstruktur verdeutlicht welche grundlegenden Konflikte sich durch den Film ziehen, eine immer wieder kurz aufkommende Konkurrenz von Jo und Schwester Amy und der Konflikt zwischen Jo und der Erwartung der Außenwelt an eine „gute“ Frau im 19. Jahrhundert. Hier zeigt sich mein Problem mit „Little Women“, während die Sprache des Films doch sehr modern ist und auch die Inszenierung recht ansprechend ist, ist der Film erzählerisch bieder. Dies zeigt sich in der Auflösung rund um Jos Roman und ihre Entscheidung, wie sie ihr Leben weiterleben will, hier hätte ich mir gewünscht, dass Gerwig wie bei der Erzählstruktur von der Vorlage abweicht. Jos Charakter weicht gerade für die spielende Zeit sehr von den Anforderungen ab, sie sucht ihr Glück nicht in der Mutterrolle sondern in einer Karriere als Autorin. Passend wird sie auch Jo und nicht Josephine genannt, manchmal sprechen die anderen Schwestern von ihrem Bruder, wenn sie Jo meinen. Sonst fand ich noch seltsam, dass der Vater lange Zeit in beiden Erzählebenen nicht zu sehen ist und dann plötzlich in beiden omnipräsent ist. Sonst zeigt Gerwig aber, dass sie zu den spannendsten jungen Autorenfilmern (bzw in ihrem Fall Autorenfilmerinnen) gehört. Ihre Regieleistung ist bei weitem nicht so spektakulär wie in anderen Filmen der diesjährigen Oscarsaison, aber dennoch eine sehr gute. Gerwig zeigt, dass sie ein Händchen für Charaktere und für Schauspielerführung hat. Auch handwerklich gibt es bei „Little Women“ wenig bis gar nichts zu meckern.

Die Schauspielregie ist allein von den Namen her exzellent: Timothee Chalamet, Laura Dern, Bob Odenkirk, Chris Cooper sind sehr gut, genauso wie Meryl Streep und Tracy Letts, deren Mitwirken aber mehr erweiterte Cameorollen mit wenigen Szenen sind, am meisten überzeugt war ich jedoch von Saoirse Ronan und Florence Pugh. Einzig Emma Watson fällt deutlich ab, wahrscheinlich weil sie eine eher mittelmäßige Schauspielerin ist. Dabei ist Watsons Meg eine ebenso interessante Figur wie Jo oder die fast schon berechnende Amy, ihr Konflikt zwischen Familienleben und Sehnsucht nach Schauspiel kommt jedoch nicht gegen die anderen erzählerischen Komponenten an. Erzählerisch ist der Film voll, viele kurzzeitige Komponenten werden hineingeschoben, um der Vorlage gerecht zu werden, wodurch der Film etwas zu lang gerät.

Fazit

In der Form modern, im Inhalt nah am Jugendbuchklassiker gerät Greta Gerwigs „Little Women“ einen Tick zu bieder und inkonsequent. Jedoch zeigt die Autorinfilmerin ein weiteres mal ihr großes Talent und kann auf ein nahezu komplett überzeugendes Ensemble bauen. 7/10

Daten & Fakten

Produktionsland: USA

Regie & Drehbuch: Greta Gerwig

Darsteller: Saoirse Ronan, Emma Watson, Florence Pugh, Eliza Scanlan, Timothee Chalamet, Chris Cooper, Meryl Streep ua

Länge: 135 Minuten

Genre: Drama

15 Kommentare zu „Little Women

  1. Geb dir vom Prinzip recht, sah es nur ein bisschen schlechter. So war die Farbgebung zwar gelungen, aber auch sehr berechenbar. Es gibt ja zweimal die selbe Szene (mit der aufwachenen Jo, die die Treppe runter geht), einmal in hell, einmal in ganz dunkel. Damit auch jeder den Stimmungswechsel merkt. Passt aber zur, wie du sagst, biederen Inszenierung.
    Sonste mocht ich auch den ganzen Cast. Obwohl vier talentierte Frauen auf der Leinwand waren, hat mich Timothee Chalamet am meisten überzeugt. Wenn der sich nicht die falschen Drehbücher aussucht, wird das noch eine ganz große Karriere. Für Emma Watson gebe ich eher dem Skript die Schuld. Ihr Charakter-Arc wird mit Abstand am wenigsten und am schnellsten abgearbeitet.

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    1. Wenn das nicht so offensichtlich mit dem Colorgrading ist, ist die Erzählstruktur doch nochmal verwirrender. So hab ich lieber eine vorhersehbare Farbgebung als eine undurchsichtige Erzählstruktur.
      Bei Chalamet hab ich aber das Gefühl, dass der nur in einem sehr begrenzten Rollenspektrum funktioniert. In „Interstellar“ war er zum Beispiel vollkommen blass. Bin auf seine Leistung in „Dune“ gespannt. Da finde ich Frau Ronan und Frau Pugh in der Breite ihrer Rollen deutlich überzeugender bisher.
      Ich kann mir aber auch vorstellen, dass Emma Watsons Charakterarc wegen ihrer Leistung im Schnitt etwas eingekürzt wurde. Selbst Eliza Scanlan konnte mich mehr überzeugen und ihr Charackterarc war viel weniger präsent als der von Emma Watson.

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      1. Auf jeden Fall ist ihm die Rolle auf den Leib geschrieben. Muss mir noch „The King“ ansehen, um den mal in einer Rolle zu sehen, wo er keinen Menschen ins Bett bekommen will 😀
        Da nehme ich Emma Watson in Schutz. Die ist schon eine gute, wenn auch keine unfassbar großartige, Schauspielerin. Bei Frau Scanlan hat das ja einen Grund, warum sie in die Geschehnisse nicht wirklich eingreifen kann. Watsons Figur spielt aber irgendwie immer abseits der Story, nie wirklich mittendrin

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        1. Nimmst du da Emma Watson aus alter Harry Potter Manier nicht zu sehr in Schutz? Mich hat die noch kein mal überzeugt. Natürlich ist mittelmäßig in Relation zu sehen, aber in einem Film mit Laura Dern, Florence Pugh, Saiorse Ronan, Meryl Streep, Chris Cooper, Tracy Letts und Timothee Chalamet fällt sie ab. Nicht nur, weil sie immer etwas abseits war.

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  2. Grundsätzlich würde ich Greta Gerwig, nach nur zwei eigenen Filmen, auch ein Talent für das Filmemachen attestieren. Für mich waren die Erzählebenen aber nicht eindeutig genug. Auch das mit dem Alter der Protagonisten in der früheren Zeitebene hat mich extrem gestört. Hätte sie den Film richtig modern gestaltet, wäre Jo vermutlich auch lesbisch. Das habe ich mir jedenfalls während der Geschichte gedacht.

    Hattest Du Dir mal den Film aus 1994 mit Winona Ryder, Claire Danes und Christian Bale angeschaut?

    Nun mach mal die Geschichte nicht noch älter, sie spielt im 19. Jahrhundert. :))

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    1. Das mit dem Alter war für mich kein besonderes Problem. Die Schauspielleistungen waren sehr gut und das Alter der Little Women war nicht besonders relevant für mich. Die Erzählstruktur war für mich tatsächlich kein Problem, sowohl dass wie als auch die Gestaltung.

      Kann sein, dass ich den als Kind mal gesehen habe, kann mich aber nicht daran erinnern.

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  3. Bieder ist ein sehr treffendes Wort, das ich so vollkommen unterschreibe. Für mich war – mal wieder – Florence Pugh der Star in dieser Runde. Einen Oscar hielte ich also durchaus für gerechtfertigt…

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    1. Florence Pugh, so scheint es mir, kann aber auch alles. Eigentlich können du, Benni und Ich nen Florence Pugh Fanclub gründen. Wäre Pugh für Midsommar nominiert, wäre das mein Oscarkandidat Nummer Eins. So bin ich froh, dass sie nominiert ist, aber Laura Dern in Marriage Story empfand ich tatsächlich einen Hauch stärker.

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