1980 war kein besonders gutes Jahr für Olivia Newton-John. Der Film „Xanadu“ in dem sie sowohl als Hauptdarstellerin mitwirkte und Songs beisteuerte floppte kolossal. Immerhin stand die Single-Auskopplung „Magic“ mehrere Wochen auf Platz Eins, dennoch musste sich Newton-John neu erfinden, was ihr mit der 1981 erschienenen Single „Physical“ auf monumentale Art und Weise gelang.
Das brave Mädchen, was ihr nach „Grease“ anhaftete und dessen Bild durch den Rollerdiscoschwachsinn „Xanadu“ verstärkt wurde, gab Newton-John für diesen Song auf. Obwohl Disco bis auf die ironisch geliebte Partynummer von Lipps Inc im Vorjahr schon Tod schien, wagten es Steve Kipner und Terry Shaddick den Song als Disconummer zu konzipieren. Daneben griff „Physical“ den Physiotrend der 80er Aerobic gekonnt auf, allerdings funktionierte die Fitnessfassade vor allem für einen Songtext, der sexuelle Doppeldeutigkeiten mehr oder minder subtil verpackt.
„I took you to an intimate restaurant
Then to a suggestive movie
There’s nothing left to talk about
Unless it’s horizontally“
aus der ersten Strophe des Songs entnommene Vocals
Im Musikvideo zu „Physical“ sind auch deswegen zunächst Bodybuilderkörper an der Seite von Newton-John zu sehen, bevor man im Refrain moppelige bis hin zu adipöse Herren beim ausüben von Fitnessübungen beobachten kann. Obwohl dieses Relikt aus der Frühzeit des Musikvideozeitalters heute maximal fremdschämig wirkt, sorgte das Video nicht nur für Furore, sondern wurde mit einem Grammy ausgezeichnet. Immerhin griff Newton-John das Umweltverschmutzungsthema schon zu diesem Zeitpunkt auf.
Neben dem Video und dem kontroversen Text (immerhin lautet der Refrain: „Let´s get Physical. Let me hear your body talk“) fiel die Musik gar nicht besonders auf, wobei auffällt, dass neben dem typischen Discorhythmus in vergleichsweiser langsamen Spielart (in etwa im Stil von Chic) fast schon schlagereske Melodien Einzug gefunden haben, die dazu beitragen, dass Newton-Johns eher piepsige Stimme nicht unangenehm aus dem Song heraussticht. Musikalisch ist „Physical“ eine gekonnte Mischung aus Chic und Abba, garniert mit einem überraschenden Gitarrensolo von Toto-Gitarrist Steve Lukather. Kurzum „Physical“ ist ein nahezu perfekter Popsong, der letztendlich die US-Amerikanischen Charts dominierte. Zehn Wochen auf Platz Eins sprechen dafür, genauso wie die Tatsache, dass „Physical“ in den USA die meistverkaufte Single-EP aller Zeiten ist.
2010 konnte der Song erneut an Popularität gewinnen, als der Song in der Musicalserie „Glee“ verwendt wurde, wo Olivia Newton-John einen Gastauftritt hat und sich selbst als arrogante Schnäpfe spielt, die ihren Song noch einmal nach einem viral gegangenen Video neu aufnimmt.