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Richard Williams (Will Smith) hat für seine Kinder Venus und Serena einen 78-seitigen Karriereplan geschrieben, bevor sie geboren sind. Mit harter Hand, aber auch dem Versuch Druck wegzunehmen, versucht er sie zum Erfolg zu führen.
Meine Meinung zum Film
Manchmal geht man mit einer gewissen Grundskepsis in einen Film, der Trailer zu „King Richard“ hatte mich nicht wirklich überzeugt, aber da ich Tennis mag und ich immer wieder feststellen musste, dass Will Smith für diese Rolle als Oscar-Favorit in der Kategorie „Bester Hauptdarsteller“ gelistet wird, wollte ich mir, gegeben durch die Chance, dass der Film auf Malta, wo ich einen Kurzurlaub gemacht habe, schon im Kino zu sehen ist, mein eigenes Bild machen.
„King Richard“ ist ein Biopic über den Vater der Williams-Schwestern, die Ende der 90er Jahre in die Weltspitze des Damentennis aufstiegen und zumindest Serena ist bis heute noch aktiv. Eine kontrovers anmutende Entscheidung, die Geschichte der Kindheit von Venus und Serena nahezu ausschließlich aus der Perspektive des Vaters zu erzählen. Dadurch wirkt der Film auch ein wenig wie aus einer vergangenen Zeit. Will Smith wird zum Mittelpunkt eines Films, der rund um ihm herum konzipiert worden ist, um bei der Awards Season abzuräumen. Früh im Film wird deutlich, dass das hier kein kritisches Porträt eines Mannes ist, der seine Töchter in die Berufe gedrängt hat, die er sich für sie ausgesucht hat, sondern eine Huldigung ist. Dementsprechend legt Smith die Figur auch als Sympathieträger an und obwohl der Film hier schon auf den Boden fliegen könnte, funktioniert der Film.
Das liegt zum einen an der effektiven, aber zurückhaltenden Regie von Reinaldo Marcus Green (irgendwann habe ich mich im Film gefragt, ob verbrieft ist, dass Richard Williams immer bei Treffen auf einer Tennisanlage Coca-Cola getrunken hat oder das einfach nur geschickte Produktplatzierung ist) und an einem Drehbuch, das genau weiß, das der Ansatz unkonventionell genug ist, um dann die typischen Plotlinien eines Sportfilms abarbeiten zu dürfen. Dabei kommt das Lieblingsmittel aller Sportfilme ausgiebig zum Einsatz: Die Montage. Sowohl Trainings als auch frühe Turniere werden so zügig abgehandelt, um den Fokus bei Richard Williams zu behalten. Dieser ist ein schwieriger Charakter. Auf der einen Seite einnehmend charismatisch und redegewandt (hier kann Smith seine Stärken voll ausspielen), auf der anderen Seite drillt er aber auch seine Kinder, besonders Serena und Venus, die auch bei strömenden Regen trainieren müssen. Immer wenn man an der Stelle ist, seine Methodik und seinen von Arroganz überströmten Ehrgeiz zu hassen, ist jedoch Richard derjenige, der auf die Bremse tritt. Zum Beispiel wenn er der Gegnerin von Venus übermäßig viel Respekt zollt, während der Rest der Familie im Siegestaumel sich verliert oder er der Familie „Cinderella“ zeigt, um den Wert von Bescheidenheit einzuimpfen.
Das führt auch zu kontroversen Entscheidungen. So entscheidet Williams plötzlich, dass der snobistische Einfluss der Juniorturniere einen zu schlechten Einfluss auf seine Kinder hat und lässt seine Kinder nicht mehr dort antreten, obwohl jeder Trainer, den er überzeugen kann seine Töchter zu trainieren ihm vom Gegenteil überzeugen will. Dann verweist Williams clever auf den Fall von Jennifer Capriati, den er seinen Kindern ersparen will. Besonders die Wortgefechte zwischen Williams und Erfolgscoach Rick Macci (wunderbar charmant und leichtfüßig verkörpert von Jon Bernthal) erweisen sich als unterhaltsam und geben überraschend oft Williams in Zuschaueraugen recht.
In den 138 Minuten Lauflänge versucht das Drehbuch viel unterzubringen, leistet sich aber glücklicherweise ein paar Sprünge (so werden drei Jahre Training bei Macci übersprungen), um nicht in größere Pacing-Probleme zu geraten. Besonders hier hat mich der Film an einen meiner 2019er-Lieblinge „Le Mans 66“ erinnert. Beides sind Sportfilme, die vom Starappeal ihrer Hauptdarsteller zehren und vor allem die Leidenschaft für den Sport in den Mittelpunkt stellen, um im dritten Akt die Faszination des Sports zu zeigen. Ach ja und in beiden Filmen spielt Jon Bernthal mit.
Der dritte Akt dreht sich um das erste Profiturnier von Venus Williams, bei dem mehr Tennis gezeigt wird, als in der bisherigen Laufzeit. Regisseur Green fängt die Spritzigkeit des Spiels gekonnt ein und verzichtet glücklicherweise auf all zu große Erklärungen, die sich vor allem bei einem Breakball für Venus Williams angeboten hätten. Gerade hier lohnt sich der Film besonders für Tennisfans, auch wenn der Film an jenen Punkt, wo der Aufstieg von Venus beginnt, seine Erzählung beendet.
Auch wenn der Film es schafft Richard Williams, den streitbaren Charakter, als Sympathieträger zu präsentieren, hätte ich mir besonders im zweiten Drittel mehr kritische Betrachtung des Charakters gewünscht, die vor allem in einer Szene mit dessen Ehefrau Brandi (als Supporting Actress sehr stark: Aunjanue Ellis) angedeutet wird. Brandi ist auch das heimliche Herzstück des Films, deutlich wird dies in einer Montage, in der sie die Trainingsmethoden von einem Starcoach für Venus auf Serena selbst überträgt.
Fazit
Will Smith darf glänzen und seine Co-Stars neben ihm auch. Obwohl ein wenig zu gutmütig zum Hauptcharakter erweist sich „King Richard“ als gekonnte Mischung von Biopic und Sportfilm. 8/10
Daten & Fakten
Regie: Reinaldo Marcus Green
Drehbuch: Zach Baylin
Länge: 138 Minuten
Genre: Drama, Biopic, Sportfilm
Darsteller: Will Smith, Aunjaune Ellis, Jon Bernthal, Saniyya Sidney, Demi Singleton uw
Gesehen am 06.12.2021 im Eden Cinema, St. Julians Malta
In Deutschland vorraussichtlich ab 24.02.2022 im Kino