2021 war ein komisches Filmjahr. So richtig angefangen hat das Filmjahr für mich erst mit Öffnung der Kinos im Juli. Seitdem gab es zunächst ein Überangebot an aufgestauten Filmen und nun am Ende des Jahres werden bis auf die großen weltweiten Starts die meisten Filme doch wieder verschoben. Noch nie habe ich so viele aktuelle Filme sofort im Kino gesehen und Ende August hatte ich das Gefühl, ich könnte jetzt schon eine Top Ten machen, die ähnlich gut ist, wie die der letzten Jahre. Mit ein bisschen Abstand kann ich sagen, einige Filme haben diese Wahrnehmung nicht halten können und je länger das Filmjahr dauerte, desto mehr überwogen in meiner Wahrnehmung die Enttäuschungen. Die Blockbuster waren auch dieses Jahr von Fortsetzungen geprägt, die immer dümmer wurden. Dennoch gab es auch im Blockbusterkino ein paar Lichtblicke (The Suicide Squad, Ghostbusters: Legacy und „Keine Zeit zu sterben“ kommen im weiteren Verlauf des Beitrags nicht mehr vor, daher hier ein kurzes Lob). Hinzu kommt, dass nahezu der gesamte letzte Oscar-Jahrgang (den ich gemischt sehe) dieses Jahr erst abgefrühstückt worden ist und dieses Jahr deutlich mehr Oscar-Kandidaten verfügbar waren (und ich zwei im Ausland gesehen habe). So gut, wie ich dachte, wurde das Jahr dennoch nicht. Dementsprechend schwer getan habe ich mich eine Top Ten zu erstellen, aber dazu später mehr. Rund um Weihnachten habe ich versucht noch Filme nachzuholen, ein paar sind mir auch untergekommen, jedoch keiner, der es noch in die Liste geschafft hat.

Mein Filmjahr in Zahlen

Filmsichtungen: 301

Davon Erstsichtungen: 280

Filme, die sich für die 2021er Liste „qualifiziert haben“: 107

Meine liebsten Erstsichtungen von älteren Filmen im Jahr 2021:

  1. Incendies – Die Frau die singt (Denis Villeneuve, 2010)
  2. Die Fliege (David Cronenberg, 1985)
  3. Der Pate 2 (Francis Ford Coppola, 1974)
  4. Akira (Katsuhiro Otomo, 1988)
  5. 4 Monate, 3 Wochen und 2 Tage (Cristian Mungiu, 2007)
  6. Der Partyschreck (Blake Edwards, 1968)
  7. Mulholland Drive (David Lynch, 2001)
  8. A Taxi Driver (Jang Hoon, 2017)
  9. Das verlorene Wochenende (Billy Wilder, 1945)
  10. Blue Steel (Katheryn Bigelow, 1990)

Besonders beeindruckende Schauspielleistungen 2021:

Carey Mulligan (Promising Young Woman)

Jude Law und Carrie Coon (The Nest)

Daniel Kaluuya (Judas and the Black Messiah)

Tom Schilling, Saskia Rosendahl, Albrecht Schuch (Fabian oder der Gang vor die Hunde)

Anthony Hopkins und Olivia Colman (The Father)

Matt Damon (Stillwater)

Luna Wedler (Je Suis Karl)

Oliver Masucci (Schachnovelle)

Adam Driver (Annette)

Jodie Comer (The Last Duel)

Anya Taylor-Joy und Matt Smith (Last Night in Soho)

Albrecht Schuch (Lieber Thomas)

Andrew Garfield (tick, tick…Boom)

Benedict Cumberbatch und Kirsten Dunst (The Power of the Dog)

Kristen Stewart (Spencer)

Die schlechtesten Filme im Jahr 2021, die ich gesehen habe:

  1. Nicht schon wieder allein zu Haus (Dan Mazer)
  2. Schwarze Insel (Miguel Alexandre)
  3. Der Prinz aus Zamunda 2 (Craig Brewer)
  4. Aline – The Voice of Love (Valerie Lemercier)
  5. Du Sie Er & Wir (Florian Gottschick)
  6. Voyagers (Neil Burger)
  7. Die Vergesslichkeit der Eichhörnchen (Nadine Heinze, Marc Dietschreit)
  8. The Woman in the Window (Joe Wright)
  9. Yes, God, Yes (Karen Maine)
  10. Cruella (Craig Gillespie)

Ich möchte zu diesen Filmen keine Worte mehr verlieren, außer eine dringende Warnung an euch, sich nicht diese Filme anzutun.

Die für mich größten Enttäuschungen im Jahr 2021:

  1. Nomadland (Chloe Zhao)
  2. Zerplatzt (Brian Duffield)
  3. Spider-Man: No Way Home (Jon Watts)
  4. In the Heights (John M. Chu)
  5. Minari (Lee Isaac Chung)
  6. Die Mitchells gegen die Maschinen (Michael Rianda)
  7. Eternals (Chloe Zhao)
  8. Dune (Denis Villeneuve)
  9. Fast & Furious 9 (Justin Lin)
  10. House of Gucci (Ridley Scott)

Der letztjährige Oscargewinner ist für mich die größte Enttäuschung des Jahres. „Nomadland“ war für mich kein Film, der mich für das Leben der Nomaden interessieren konnte, er hat mich vielmehr davon abgeschreckt und die Werbung für Amazon kommt auch noch hinzu. „Zerplatzt“ hätte ein wunderbarer Coming Of Age Film werden können, entscheidet sich jedoch dazu besonders dümmlich moralisch zu werden. „Spider-Man: No Way Home“ ist eine Entschuldigung an Spider-Man Fans, die Tom Hollands MCU Spider-Man nicht mochten zu Kosten jeglicher Logik, dabei sah das lange nach einem guten Film aus. „In The Heights“ will ein Musical ohne Märchentum sein, um dann doch ein Märchen zu erzählen. „Minari“ hat eine hinreißende Oma und ein paar hübsche Bilder zu bieten, ist ansonsten aber Durchschnitt. „Die Mitchells gegen die Maschinen“ bietet eine normale Familie und ist absolut vergessenswert, ebenso wie der ellenlange „Eternals“, der ein bisschen mehr sein möchte als MCU und dann doch nichts anderes ist. „Dune“ war für mich ein steriler Film, der aber ab der zweiten Hälfte Hoffnung auf eine bessere Fortsetzung machte. „Fast & Furious 9“ war so ziemlich das dümmste, was ich dieses Jahr gesehen habe, zusammen mit Ridley Scotts „House of Gucci“. Immerhin waren die beiden Filme irgendwie unterhaltsam, dennoch weit entfernt von gut, weiter als so manch anderer Film auf der Enttäuschungsliste.

Honorable Mentions (aka Filme, die ich noch für die Top Ten in Erwägung gezogen habe)

Der Mauretanier (Kevin MacDonald)

Der erste Film, den ich dieses Jahr im Kino sah. Hart, trocken, aber mehr als sehenswert.

Je Suis Karl (Christian Schwochow)

Mochte fast niemand außer mir, ich empfand diesen Film über eine junge europäische rechtsextreme Vereinigung als spannend und erschreckend nah trotz einiger Überzeichnungen.

Luca (Enrico Casarosa)

Nicht Pixars stärkster Streifen, aber dennoch eine Liebeserklärung an die Jugend und an die Freundschaft und sollte es irgendwann einen Porto Rosso Cup geben, ich melde mich freiwillig.

Schachnovelle (Philipp Stölzl)

Getragen von einem Oliver Masucci, der erneut beweist, dass er Weltformat hat, gelingt eine gelungene Filmadaption, auch wenn ich von Novellenkennern Ernüchterung wahrnehmen konnte.

Matrix Ressurrrections (Lana Wachowski)

Für mich die beste Blockbusterfortsetzung, die dieses Jahr die Kinos erblickt hat. Mutig, interessant, wenn auch nicht fehlerfrei.

Shiva Baby (Emma Seligman)

Starkes, verdichtetes Regiedebüt, dass leider in meiner Wahrnehmung etwas verblasst ist. Daher knapp die Top Ten verpasst.

Quo Vadis, Aida? (Jasmila Zbanic)

Ganz knapp hat dieser eindrückliche Film über das Massaker von Srebenica meine Top Ten verpasst.

Top Ten Filme 2021:

Hätte ich „Der Rausch“ zum ersten Mal dieses Jahr gesehen, er wäre mit Abstand auf Platz Eins gewesen und rückwirkend wäre er wahrscheinlich auch auf Platz 1 der 2020er Liste.

Platz 10: Free Guy (Shawn Levy)

Auf den letzten Drücker hat es „Free Guy“ doch noch in meine Top Ten geschafft, nachdem ich ihn zwischenzeitlich weiter hinten angeordnet habe. Die Erinnerung an das wohlig-freudige Gefühl nach dem Kinobesuch und der Gedanke, jederzeit einen Rewatch wagen zu können, haben diesen Film knapp in meine Top Ten hieven können. Ryan Reynolds Spiel passt hier, Herzstück des Films ist jedoch Jodie Comer, die mich sofort mitreißen konnte. Dabei ist „Free Guy“ zwar Feel Good Film in der Tradtion von 80er Familien-Blockbustern, dabei aber intelligent genug, um nicht nur das Herz anzusprechen.

Platz 9: Fabian oder der Gang vor die Hunde (Dominik Graf)

Ein deutscher Film muss wenn möglich in die Top Ten Liste. Dominik Grafs Mammutwerk „Fabian oder der Gang vor die Hunde“ entpuppt sich als wuchtige Verfilmung des Erich Kästner Roman. Die erste Stunde ist dabei vollkommen berauschend, die zweite entschleunigend, um auf ein dramatisches Finale vorzubereiten. Die Darsteller sind alle ideal gecastet und danken mit starken Leistungen. Dabei ist „Fabian“ sicherlich sperrig, dennoch ein Essantial Viewing für das Filmjahr 2021 auch wenn man bei der deutschen Filmpreisakademie von einem anderen Film weit mehr angetan war.

Platz 8: Helden der Wahrscheinlichkeit (Anders Thomas Jensen)

Die Filme von Anders Thomas Jensen sind morbide Genremixe, da macht sein „Weihnachtsfilm“ Helden der Wahrscheinlichkeit keine Ausnahme. Der Cast harmoniert wunderbar, Jensen schreibt seine Figuren auf seine einzigartige Weise und die Entwicklung der Handlung ist im besten Sinne unvorhersehbar. Daneben bietet „Helden der Wahrscheinlichkeit“ einen herrlichen Blick auf Wahrscheinlichkeitsrechnung.

Platz 7: West Side Story (Steven Spielberg)

Sechzig Jahre nach der legendären Verfilmung von Robert Wise liefert Blockbustergroßmeister Steven Spielberg eine adäquate Auffrischung des Stoffes, welche nur unter einem hölzernen Hauptdarsteller ein wenig leidet. In einem Jahr mit mehreren Musicals erweist sich dieser Klassiker als das Beste. Janusz Kaminski wirbelt mit der Kamera durch wunderbare Choreografien in einer verdichteten Romeo & Julia Geschichte.

Platz 6: Titane (Julia Ducornau)

Gewinner der Goldenen Palme in Cannes, für die Oscars zu gewagt, zu weird, zu provokant. Dabei ist „Titane“ im Kern ein modernes Identitätsdrama, erzählt mithilfe von Stilelementen des Tanzfilms und des Body-Horrors. Das ist sicher nicht für jeden Filmfan etwas, für mich jedoch ein Berauschendes, wenn auch nicht fehlerfreies Werk.

Platz 5: The Nest (Sean Durkin)

Sean Durkin erzählt ein Familiendrama mit der Ästhetik eines Horrorfilms und der Spannungskurve eines Psychothrillers. Deswegen entspinnt sich ein waghalsiger Slowburner, der sein Publikum zu überraschen weiß und zeigt zu welchen schauspielerischen Großtaten Jude Law und Carrie Coon in Leiste zustanden sind.

Platz 4: Stillwater (Tom McCarthy)

Der Regisseur von „Spotlight“ macht einen Film über einen amerikanischen Arbeiter, der seine Tochter aus einem Gefängnis in Marseille holen will. Was klingt wie Actionthriller, entpuppt sich als Drama, über eine Person, die die französische Kultur zu schätzen lernt und dabei in Zwiespalt zwischen neuem Leben und Pflichtbewusstsein gegenüber seiner Tochter gerät.

Platz 3: Promising Young Woman (Emerald Fennell)

Knallbunt und doch bitterböse. So lässt sich Emerald Fennells Regiedebüt beschreiben. Auf der einen Seite ist „Promising Young Woman“ ein Charakterdrama getragen von einer überragenden Carey Mulligan, auf der anderen Seite ein etwas anderer Rachefilm, der lange nachwirkt und sich nicht scheut, sich Feinde zu machen.

Platz 2: Last Night in Soho (Edgar Wright)

Audovisuell ist „Last Night in Soho“ der mit Abstand beste Film des Jahres. Erzählerisch verstehe ich gewisse Kritik, auch wenn ich sie nur im geringen Umfang teile. Edgar Wright zeigt jedenfalls, dass er mehr kann als nette Feel-Good Filme und die Darsteller danken es ihm mit starken Leistungen, sodass ein intensiver Psychothriller entsteht.

Platz 1: The Father (Florian Zeller)

Der schauspielerisch stärkste Film des Jahres ist meine Nummer Eins. Jeder Darsteller spielt sehr gut, die Krone setzt jedoch Anthony Hopkins, der seiner an Highlights nicht gerade armen Karriere, ein weiteres Highlight beschert. Neben Hopkins schier unglaublichen Schauspielleistung besticht „The Father“ durch seinen Schnitt, die Kameraarbeit und das Setdesign, die das Demenzgefühl unterstreichen. Das Gegenteil eines Easy Viewings, aber ganz sicher ein zukünftiger Klassiker.

Filme, auf die ich mich 2022 freue:

Licorice Pizza (Regie: Paul Thomas Anderson)

Petite Maman (Regie: Celine Sciamma)

The Worst Person in the World (Regie: Joachim Trier)

Bullet Train (Regie: David Leitch)

Top Gun 2: Maverick (Regie: Joseph Kosinski)

Elvis (Regie: Buz Luhrmann)

Mission Impossible 7 (Regie: Christopher McQuarrie)

Untitled Bee Gees Biopic (Regie: Kenneth Branagh)

Untitled David O. Russell Film (Regie: David O. Russell)

I wanna dance with somebody (Regie: Kasi Lemmons)

7 Kommentare zu „Mein Filmjahr 2021 und meine Lieblingsfilme des Jahres

    1. Persönliches Highlight war „Der Rausch“, den ich aber 2020 das erste Mal gesehen habe (und dieses Jahr zweimal mit Freunden) und auch der Kinobesuch zu „Last Night in Soho“ mit Freunden in der Sneak war ein persönliches Highlight.

      So richtig begeistert als Film hat mich The Father aufgrund seines Schauspiels, auch wenn die Thematik wenig Begeisterung zulässt und Last Night in Soho aufgrund seiner visuellen Kraft und seiner Ambivalenz, auch wenn du mir da sicher widersprechen möchtest. Das sind die beiden Filme, denen ich Chancen einräume in meiner All Time Top 100 zu landen (wo Der Rausch seinen Platz hat). Das sind dann auch Filme, wo ich gerne begeisterte Monologe halte und das wird je mehr Filme ich sehe, immer schwieriger.

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      1. Drei Filme, für die man begeistert einen Monolog halten kann, will und es auch tut, ist in meinen Augen keine verkehrte Ausbeute innerhalb eines Jahres.

        Last Night in Soho habe ich einige Probleme. Erstaunlicherweise wurden zwei davon bei Marius‘ Rückblick als positiver Aspekt nominiert. Aber so ist das halt mit dem Filmgenuss.
        Trotzdem bleibt es stets interessant, wer was warum in seine Top 10 gepackt hat und wenn dann auch mal ne unbekannte Perle dabei ist, freue ich mich umso mehr.

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        1. Je mehr Filme man aus einem Jahrgang schaut, desto weniger wirken drei vollkommen begeisternde Filme nach.

          Meine Freunde & Bekannten würden sagen, dass da nur unbekannte Filme außer Free Guy und vielleicht West Side Story (da hat aber das Marketing versagt) dabei sind. Filmfans sagen dann eher, joa kennt man, aber warum ist „Free Guy“ dabei?🙃

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