Fünf Filme unterschiedlichster Art und überraschenderweise entpuppt sich der deutsche Film als der Beste:
Eine Nacht in Helsinki (int. Titel: Gracious Night)
Ein Gastronom ringt im Corona-Lockdown mit seiner Zukunft, ebenso wie ein Stammgast, der Arzt ist und ihm bald schon Gesellschaft leistet, während ein zunächster ungebetener Gast, ein Sozialarbeiter mit anderen Problemen das Lokal betritt. Was ein spannendes Konstrukt für ein Kammerspiel verspricht, entpuppt sich leider als laues Lüftchen. Moralische Fragen wirken aufgedrängt, Regisseur Mika Kaurismäki schafft es nicht, die entstehenden Momente pointiert auszuspielen. So streckt sich die knackige Laufzeit von 95 Minuten auch gefühlt deutlich länger. Die deutsche Synchro ist hier aber auch schwach, was einen höheren Sehgenuss verhindert. 5/10
Wunderschön
Karoline Herfurths dritte Regiearbeit (und die einzige, die ich gesehen habe), entpuppt sich als gleichsam massentaugliches wie interessantes Werk über den Wert von Schönheit für die Selbstakzeptanz. Dabei kann Herfurth auf ein Ensemble zurückgreifen, das für die zugedachten Rollen sehr gut funktioniert. Neben etablierten Gesichtern wie Nora Tschirner, Martina Gedeck und Emilia Schüle darf Dilara Aylin Ziem hier ihr Debüt geben. Die fünf verschiedenen Geschichten sind simpel aber effektiv miteinander verwoben, die Eingangssequenz eröffnet mit kreativen Schnitt zur Einführung und in der ersten Hälfte schafft Herfurth den Spagat aus ausführlicher Exposition und Unterhaltung sehr gut. Dank dem Unterbau stört es dann auch nicht, dass die zweite Hälfte die Tränendüse überdeutlich herausfordern möchte, aber bei mir hat es (überraschenderweise) funktioniert. „Wunderschön“ arbeitet dabei auch mit gängigen Methoden, besonders innovativ ist dies zwar nicht, aber aufgrund der zugrundeliegenden Thematik und der Charaktere hat es mich dann doch bewegt. 8/10
Tod auf dem Nil (Death on the Nile)
Vom Regisseur, dessen Oscar-Kandidat „Belfast“ am 24.2 in Deutschland startet, kommt seine zweite Hercule Poirot Verfilmung mit ihm selbst in der Hauptrolle. „Tod auf dem Nil“ hat dabei eher die B-Ware im Bereich Schauspiel (abgesehen von Anette Bening und dem gerade mit einem Skandal kämpfenden Armie Hammer) zu bieten, Gal Gadot beweist, dass sie eine hübsche Ausstrahlung hat, jedoch nicht als Charakterdarstellerin taugt, Emma Mackey (bekannt aus Sex Education) ist da deutlich besser. Während die ersten zehn Minuten mit einer Blende in den Ersten Weltkrieg aufwarten, um zu erklären, warum Poirot einen opulenten Schnurrbart (!) trägt, bemüht sich die erste Stunde den zugrunde liegenden Pulpfaktor einzudämmen. Dennoch sind einige Szenen ungewollt komisch, so zum Beispiel der grausige CGI-Einsatz und Stills, die wirken wie aus einem Urlaubsvideo und natürlich alle Sequenzen, in denen Branagh Poirot als besonders schrullig und egozentrisch etabliert, inklusive wahnwitzigen, gescheiterten belgischen Akzent. Wenn dann nach circa einer Stunde der titelgebende „Tod auf dem Nil“ geschieht, wird man auch ohne Kenntnis der Vorlage oder einer der bisherigen Verfilmungen aufmerksamen Zuschauern klar sein, was die entscheidende Wendung sein wird (zumindest war dies bei mir der Fall). Vielleicht auch deswegen darf Poirot bei seinen Verhören noch allerhand anderes aufklären. So bleibt „Tod auf dem Nil“ auf dieser seltsamen Ebene unterhaltsam (ähnlich wie Ridley Scotts „House of Gucci“), ist jedoch weit davon entfernt ein spannender oder interessanter Krimi zu sein. 5/10
Kimi
In den USA direkt auf HBOMax erschienen, hat es der neueste Film von Steven Soderbergh (der dritte innerhalb eines Jahres) in Deutschland auf die Kinoleinwand geschafft. Auch wenn ich mit einigen vor allem jüngeren Werken des Oscar-Preisträgers meine Probleme habe, muss ich ihm eines lassen, was vielen seiner aktuellen Kollegen fehlt, Mut. „Kimi“ beginnt ein wenig als würde er sich an ähnlichen Stilistiken wie bei „Unsane“ abarbeiten, nur diesmal mit einer selbstgewählten Isolation aufgrund einer Angststörung und der Covid-Situation, wird bald zu einem Thriller über SmartHome Devices. Soderbergh ist am Puls der Zeit, lässt Corona am Rande mit einfließen, fokussiert sich jedoch auf seine Protagonistin, die solide von Zoe Kravitz mit auffällig blauen Haaren verkörpert wird und ihren Job in einem neuen Player im SmartHome Business. Dabei arbeitet sich Soderbergh bald an Coppolas „Der Dialog“ ab und auch eine Hommage zu Hitchcocks „Das Fenster zum Hof“ lässt sich hier leicht einbauen, bevor dieser über seine gesamte Laufzeit spannende Film am Ende noch einen anderen Filmklassiker zitiert, um damit ein durchaus streitbares Ende (welches mir gefallen hat) dieses straff gestaltenen Films zu gestalten. 7/10
Moonfall
Roland Emmerich lässt Mal wieder die Welt untergehen, während er medial – wahrscheinlich aus Frust darüber, dass kein Majorstudio ihn mehr Geld gibt – das Kino beerdigt. Es ist erstaunlich, dass die Marketingkampagne alles mögliche getan hat, um ein entscheidendes Element dieses vollkommen absurden Filmes nicht zu verraten. Das beginnt schon damit, dass der Film mit einer Diskussion über den Songtext von Totos „Africa“ beginnt, während Halle Berry und Patrick Wilson im Weltraum sind. Hinzu kommt, dass Emmerich wieder einmal Figuren wie den egozentrischen Partner der Ex-Frau und ein Kindermädchen für Halle Berrys Sohn in den Film wirft, um einen weiteren Ankerpunkt auf der Erde zu haben. „Moonfall“ ist vor allem am Spektakel interessiert und ist sich seiner eigenen Dummheit bewusst, was sich auch daran zeigt, welche Erklärungen uns hier aufgetischt werden, damit der Mond auf die Erde fällt. Die letzte halbe Stunde toppt dann selbst noch den ähnlich gelagerten China-Blockbuster „Die wandernde Erde“ um Längen und Ich saß im Kinosaal und dachte: „Ich mag, wie bekloppt das alles ist“. Nur schade, dass die visuellen Effekte nicht auf der obersten Stufe mithalten können. 5/10